Der Deutsche Amon-Ra St. Brown hofft mit seinen Detroit Lions auf den Sprung in die nächste Runde der NFL Playoffs. Credit: Imago Images / Icon Sportswire / Steven King

Es ist angerichtet: Die NFL Playoffs geben mit dem spannungsgeladenen Wild Card Weekend den Startschuss für die sehnsüchtig erwartete Postseason. In welcher Verfassung gehen die Teams in die Spiele, wer hat wo Vorteile in den jeweiligen Matchups? Das und mehr beleuchten wir ins unserem großen Preview zur Wild Card Round!

Nach einem dramatischen Saisonfinale lässt die NFL seinen Fans nur wenig Zeit zum Durchatmen, schließlich geht es jetzt ja eigentlich erst richtig los mit der Reise Richtung Super Bowl. Sechs Partien stehen in der Wild Card Round der NFL Playoffs an, bei denen sich die Liga und ihre Anhänger über allerlei interessante Storylines freuen dürfen. Unter anderem kehrt Matthew Stafford nach Detroit zurück, Tyreek Hill trifft auf seine alten Chiefs-Kollegen und mit den Packers und den Cowboys treffen historische Rivalen aufeinander, deren Farben Erinnerungen an goldene Epochen der Vergangenheit wecken.

Die NFL macht aus dem eigentlichen Wild Card Weekend ein langes Wochenende und somit kann man eigentlich von Samstagabend bis Dienstagmorgen deutscher Zeit die volle Football-Dröhnung bekommen. Die Baltimore Ravens und San Francisco 49ers machen es sich als Top Seeds sicherlich auf der Couch gemütlich und genießen ihr hart verdientes Freilos. Wann welche Partien stattfinden, in welcher Verfassung die einzelnen Teams sind und andere wichtige Infos haben wir einmal in einem Roundup zu den NFL Playoffs zusammengefasst.

AFC WILD CARD PLAYOFFS

Buffalo Bills (2) vs. Pittsburgh Steelers (7)
Sonntag, 14. Januar, 19 Uhr

Kaum ein Team in der NFL geht mit besserer Form in die Playoffs als die Buffalo Bills, konnten die Mannen von Sean McDermott doch fünf Spiele in Serie und sechs ihren letzten sieben Partien gewinnen. Damit bewiesen die Bills mentale Stärke, unterstrichen ihre Ambitionen für dieses Jahr und sicherten sich gleichzeitig als zweiter Seed eine gute Ausgangslage. Dabei halfen ihnen trotz zeitweiligem Mangel an Konstanz vor allem eine gute Balance zwischen Offense und Defense.

Der Angriff rangiert in fast allen Kategorien unter den Top Ten der Liga, verfügt über eine starke Poss Protection und generiert reihenweise explosive Plays. Hauptgrund für die Wende ist aber wohl das starke Laufspiel Buffalos. In den letzten Jahren waren sie hier zu abhängig von Quarterback Josh Allen, um den vielseitigen James Cook haben sie nun aber ein variableres Run Game aufgebaut. Ein Problem dagegen könnte die eigene Run Defense sein, die 4,6 Yards pro Lauf abgibt, und Josh Allens 18 Interceptions über die Saison hinweg machen ebenfalls Sorgen.

Bills in Top-Form treffen auf konservative Steelers

Die Steelers hoffen in diesem Bereich sicherlich auf Geschenke der Gastgeber und wissen diese in der Regel mit dem drittbesten Turnover Margin der NFL auch auszunutzen. Viele Punkte machen die Steelers nicht (17,8 Punkte pro Spiel, NFL-Rang 28), halten dafür hinten den Laden mit 19,1 abgegebenen Punkten ziemlich gut beisammen. Die Formel zum Erfolg ist klassischer Steelers-Football: Starke Defense, viele Läufe und dann Nadelstiche mit den offensiven Playmakern wie George Pickens oder Jaylen Warren setzen.

Seit Quarterback Mason Rudolph für Kenny Pickett übernommen hat funktioniert dieses Prinzip wieder, vor allem weil der langjährige Backup immer mal wieder ein langes Pass Play einstreut. Er hat außerdem in vier Einsätzen nicht eine Interception geworfen. Die Steelers müssen sich aber wohl dennoch von ihrer Defense tragen lassen, für die T.J. Watt mit 19 Sacks abermals eine überragende Saison abgeliefert. Aufgrund einer Knieverletzung im Saisonfinale müssen die Steelers jedoch gegen Buffalo auf ihren Superstar verzichten, dafür ist Safety Minkah Fitzpatrick wohl wieder fit.

Kansas City Chiefs (3) vs. Miami Dolphins (6)
Sonntag, 14. Januar, 2 Uhr

Schrieb in den vergangenen Jahren eigentlich immer die Offensive der Kansas City Chiefs die Schlagzeilen hat es sich in dieser NFL Saison um 180 Grad gedreht. Trotz der zweitmeisten Pässe der Liga und einer der besten Pass Protections generieren Patrick Mahomes und Co. bloß durchschnittliche 21,8 Punkte pro Partie. Der Grund dafür sind unter anderem die meisten Drops in der NFL, zu viele Turnover und reihenweise Ungenauigkeiten beim Spielaufbau.

Glücklicherweise springt die Defense mehr als nur in die Bresche, wie zum Beispiel beim Sieg im NFL Frankfurt Game gegen Miami. Die Chiefs geben am zweitwenigsten Yards und Punkte ab, obendrein nennen sie mit 9,3 Prozent beste Pressure Rate der NFL ihr Eigen. Dagegen ist die Run Defense der Chiefs ein wenig anfällig und erlaubt Gegnern 4,6 Yards pro Rush.

Chiefs und Dolphins mit Rematch des Frankfurt Games

Gegen die Dolphins könnte das ein Problem werden, denn Miami besitzt mit 5,1 Yards pro Rush die statistisch beste Rushing Attack der NFL. Rookie De’Von Achane ist mit 7,8 Yards im Schnitt besonders explosiv und gibt damit ein perfektes Gegenstück zum spektakulären Pass Game der „Fins“. Tyreek Hill (1799 Yards) und Jaylen Waddle sind eines der besten Receiver-Duos der Liga und Tua Tagovailoa zieht als Quarterback in Mike McDaniels Offensive die Fäden.

Zuletzt hatte der Signal Caller allerdings Probleme und leistete sich vier Interceptions in den letzten zwei Saisonspielen. Dazu haben die Dolphins extreme Verletzungsprobleme in der Defense, mit den jüngsten Ausfällen von Jerome Baker und Andrew Van GInkel ist ihr Linebacking Corps quasi komplett dezimiert. Auch Cornerback Xavien Howard fällt wohl zu Beginn der Postseason aus.

Houston Texans (4) vs. Cleveland Browns (5)
Samstag, 13. Januar, 22:30 Uhr

Die Cleveland Browns stürmen als eine Art Cinderella Story in die NFL Playoffs, denn nach den Ausfällen von Star-Runningback Nick Chubb und Quarterback Deshaun Watson waren sie bei vielen Experten schon abgeschrieben. Auf dem Rücken einer überragenden Defense und mit einem opportunistischen Angriff kämpfte sich Kevin Stefanskis Mannschaft aber doch noch in die Postseason. Woran natürlich auch der nimmermüde Altmeister Joe Flacco einen riesigen Anteil hat.

Der bald 39-Jährige belebte den Browns-Angriff und verteilte den Ball munter an seine zahlreichen Playmaker. Cleveland kontrolliert wie kein anderes NFL-Team den Ball und läuft außerdem ligaweit die meisten Plays. Die Defense lässt die wenigsten Yards aller Mannschaften zu und bringt enorm viel Druck, rangiert dafür aber bei den abgegebenen Punkten nur auf Rang 13.

Rookie C.J. Stroud trifft auf Altmeister Joe Flacco

Dennoch dürfte sie den jungen Houston Texans so manches Problem bereiten. C.J. Stroud muss mit Tank Dell auf einen seinen wichtigsten Receiver verzichten und auch das Laufspiel der Texans (3,6 Yards pro Rush) lässt einiges zu wünschen übrig. Dafür hat man mit Nico Collins (1297 Yards) einen echten Number-One-Receiver und zudem leisten sich die Texans die wenigsten Turnover aller NFL-Teams.

Der Erfolg in Houston steht und fällt aber wohl mit Quarterback Stroud, der mit 23 Touchdowns und nur fünf Picks eine überragende Rookie-Saison hinlegt. Auch seine 11,2 Yards pro Completion sind ein absoluter Top-Wert, der vielleicht in einem zerfahrenen Spiel den Unterschied machen könnte. Beide Teams zählen nämlich zu den Top Sieben der Liga in Sachen Penalties.

 

NFC WILD CARD PLAYOFFS

Dallas Cowboys (2) vs. Green Bay Packers (7)
Sonntag, 14. Januar, 22:30 Uhr

Allein der Klang des Matchups lässt Herzen von NFL-Fans höher schlagen, auch wenn die derzeitigen Versionen der Cowboys und Packers noch einiges an Arbeit vor sich haben, um die Berühmtheit einiger ihrer Ahnen zu erreichen. Ein Anfang könnte die diesjährige Wild Card Round machen, in der gerade Dallas ob seiner zuletzt immer wieder enttäuschenden Postseason-Auftritte unter enormen Druck steht.

Dieses Mal führt Dallas die stärkste Scoring Offense der Liga ins Feld, die in der kommenden Partie auch wieder auf seine zuletzt verletzten Top-Guards Zack Martin und Tyler Smith setzen kann. Receiver CeeDee Lamb (1749 Yards) spielt eine überragende Saison, die Defense lässt bloß 18,5 Punkte pro Partie zu und generiert dazu mit Superstar Micah Parsons eine der stärksten Sack Rates der NFL.

Senkrechtstarter Jordan Love trifft auf starke Cowboys Defense

Gegen Green Bay muss sie das auch tun denn Dallas trifft auf einen der heißesten Quarterbacks der gesamten Liga. Jordan Love hat in seinen letzten acht Partien 18 Touchdowns bei nur einer Interception geworfen und konnte Green Bay damit zum überraschenden Playoff Berth führen. Gerade nach dem Aufkommen von Bo Melton sind die Packers mit etlichen verschiedenen Playmakern in der Offense kaum ausrechenbar.

Die Defense dagegen war lange Sorgenkind, hat sich aber in den letzten drei Saisonwochen merklich stabilisiert. Die Front Seven ist talentiert, profitierte zuletzt aber auch von schwachen Gegnern mit Chicago, Carolina sowie den angeschlagenen Vikings. Ein weiteres großes Fragezeichen für die Packers ist das wackelnde Kicking Game um den jungen Anders Carlson.

Detroit Lions (3) vs. Los Angeles Rams (6)
Montag, 15. Januar, 2 Uhr

Der Jubel und die Vorfreude in Detroit sind groß auf das erste Playoff-Heimspiel seit 1993, welches sich die Lions mit einer starken Regular Season redlich verdient haben. Der Angriff um den hocheffizienten Jared Goff (67,3 % Completion Percentage) besitzt mit dem spektakulären Amon-Ra St. Brown (1515 Yards, zehn Touchdowns), Tight End Sam LaPorta sowie zwei starken Backs enorm viel Big Play Potenzial. Hätte Jahmyr Gibbs nicht ein paar Spiele verletzungsbedingt verpasst hätten wohl beide Lions-Backs über 1000 Yards in diesem Jahr erlaufen, was auch ein Schulterklopfer für die bärenstarke Offensive Line ist.

Defensiv haben die Lions dafür so manche Baustelle. Die Defense lässt zu viele Big Plays zu und generiert zu wenige Pressure auf den gegnerischen Quarterback. Neben Aidan Hutschinson (11,5 Sacks) und mit Abstrichen Alim McNeill (5,5 Sacks) hat das Team von Dan Campbell eigentlich keinen belastbaren Pass Rusher, auch wenn die extrem überzeugende Rush Defense einiges wettmacht.

Detroit Lions setzen voll auf ihren Heimvorteil

Die Rams sind gegen den Lauf nicht ganz so stark, dafür gibt es sonst sehr viele Parallelen zwischen den beiden Teams. Sie sind extrem gut in der Red Zone (beide Top 4 in der NFL), die Offensive ist identitätsstiftend und beide Verteidigungen schwächeln gegen Chunk Plays. Los Angeles kann aber im Gegensatz zu den Lions mit Aaron Donald, Kobie Turner und Byron Young auf einen stärkeren und vor allem vielseitigeren Pass Rush zurückgreifen.

In der Offense hat Matthew Stafford alle Fäden in der Hand und dürfte an alter Wirkungsstätte sicherlich extra motiviert sein. Sein Receiving Corps wird in einer verletzungsanfälligen Saison Cooper Kupps von Rookie Puka Nacua getragen und fand in Runningback Kyren Williams eine ungeahnte Dimension. Tight End Tyler Higbee ist mit einer Schulterverletzung wohl eine Game Time Decision.

Tampa Bay Buccaneers (4) vs. Philadelphia Eagles (5)
Dienstag, 16. Januar, 2 Uhr

Vor einigen Wochen noch schienen die Philadelphia Eagles noch wie ein Favorit auf den Top Seed der Conference, doch dann legten die Adler eine fast beispiellose sportliche Bruchlandung hin. Nichts scheint mehr zu funktionieren und flächendeckend werden bereits Abgesänge auf Nick Siriannis Mannen angestimmt, bei denen auch der extrovertierte Head Coach mächtig Kritik abbekommt.

Sorgen gibt es wohin man blickt. Das Run Game ist ins Stocken gekommen, das Pass Game ist zu abhängig von wenigen Kräften und Quarterback Jalen Hurts leistet sich zu viele Turnover. Die Defense kann mit einem zahnlosen Pass Rush und Fragezeichen im Linebacking Corps die schwache Secondary nicht mehr verstecken, was in der drittschlechtesten Scoring Defense der Liga mündet. Obendrein sind nun auch noch Hurts (Finger) und seine beiden Star-Receiver DeVonta Smith (Knöcheln) und A.J. Brown (Knie) angeschlagen.

Eagles und Buccaneers humpeln in die Playoffs

Ein wenig besser ist die Stimmung bei den Tampa Bay Buccaneers, denn ihr Einzug in die NFL Playoffs ist doch wesentlich unerwarteter als jener ihrer kommenden Kontrahenten. Gleichzeitig sind sie vielleicht auch genau die Art Gegner, die Philadelphia wieder in die Spur bekommt und als Initialzündung für einen langen Playoff-Run herhält. Denn statistisch gibt es außer der starken Defense nur wenige Dinge, die für die Freibeuter sprechen.

Baker Mayfield spielt als Anführer eine sehr gute Saison, bekommt allerdings so gut wie keine Hilfe vom schlechtesten Laufspiel der NFL. Die Red Zone Percentage ist mit 45,8 Prozent ebenfalls unterirdisch und das obwohl die „Bucs“ in der vielleicht schwächsten Division der Liga zuhause sind. Die siebtbeste Scoring Defense der Liga macht mit etlichen kampferprobten Veteranen dafür eine Menge Mut.

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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