Die NFL hat angerichtet: Die San Francisco 49ers und die Kansas City Chiefs ringen um Super Bowl LVIII in Las Vegas. Credit: Imago / USA TODAY Network / Kirby Lee

Super Bowl Week, Glitzer, Glamour, große Show in Las Vegas! Die Superlative kennen in diesen Tagen in der National Football League keine Grenzen. Doch nebst aller Partystimmung und Vorfreude treibt so mancher Umstand den Kansas City Chiefs und den San Francisco 49ers auch Sorgenfalten auf die Stirn!

Es gibt wohl wenige Wochen im NFL-Kalender, in denen mehr Zuversicht herrscht als in den sieben Tagen vor dem Super Bowl. Schon das Erreichen des großen Endspieles ist für die Aktiven, ihre Arbeitgeber und deren Anhänger ein Gewinn in sich, das große mit Sahne überzogene Stück süße Torte, das nach einer 17 gängigen Regular Season voller „Meat & Potato“-Spielen sowie einem knallharten Stückchen Playoff-Kruste als krönendes Dessert wartet. Diese Vorfreude auf den Gaumenschmaus wird für die Kansas City Chiefs und die San Francisco 49ers durch die Leichtigkeit des Seins am Austragungsort nur noch unterstrichen. Inmitten unzähliger bunter Bilder ähnelt gerade die mediale Vorbesprechung doch eher einer endlosen Party, von der selbst eiskalte NFL-Profis jede Sekunde an einem sonnig-wohligen Ort in sich aufsaugen. All das und vielleicht sogar noch ein klein wenig mehr – Vegas Baby – lässt sich auch für den diesjährigen Super Bowl LVIII sagen (wo Touchdown24 für Euch vor Ort ist!). Aber da ist noch etwas.

Super Bowl LVIII abermals ein Riesenspektakel

Denn die Super Bowl Week bedeutet bei allem Brimborium vor und während der eigentlichen Partie auch immer eines: Druck, wie ihn die meisten Spieler und Coaches in ihrem Leben vorher noch nie gesehen haben. Nun wissen die Herren Mahomes, Bosa oder Kelce natürlich von Haus mit diesem umzugehen, noch dazu weil es für einige von ihnen nicht das erste Rodeo auf dem ganz großen, wilden NFL-Ross ist. Trotzdem, der Super Bowl an sich ist einfach mehr und geht in seiner Wirkmacht oftmals über das hinaus, was sich in den wenigen stillen Momenten während der Vorbereitung auf das ultimative Endspiel ergründen lässt. Dieses Gewicht gilt es zu schultern, egal ob wissentlich oder unterbewusst, es gilt die Emotion des Moments in einen nachhaltigen Schub auf dem Feld umzuwandeln. Und es gilt mit dem Druck und den Sorgen ganz besonders vorsichtig umzugehen, wiegen sie doch in dieser Woche umso mehr, als sie das normalerweise tun.

Kyle Shanahan, Head Coach der San Francisco 49ers, kann davon sicherlich ein Lied singen. Es ist für ihn das dritte Endspiel und er hofft darauf, dass alle guten Dinge doch nun wirklich einmal Drei sein mögen. Als Offensive Coordinator der Atlanta Falcons musste er im Februar 2017 in Super Bowl LI das legendäre Comeback der New England Patriots mitansehen, drei Jahre später guckte er dann als Cheftrainer der Niners in Super Bowl LIV erneut in die sprichwörtliche Röhre. Gegner damals war niemand Geringeres als das Team, das Shanahan und seinen Mann auch in dieser Woche gegenüberstehen wird – die Kansas City Chiefs. Mit Andy Reid und Patrick Mahomes und Travis Kelce und dieser ganzen Aura, welche die aktuelle NFL-Dynastie umgibt. Shanahan, ein akribischer, detailverliebter und durchaus selbstbewusster Football-Lifer, würde lügen, wenn er sagt, dass ihm diese Tatsachen nicht allesamt bekannt sind und dass sie ihm beim abendlichen Plündern der Hotel-Mini-Bar nicht auch einmal in den Sinn kommen.

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Kyle Shanahan von den 49ers spürt Druck

So unfair es erscheinen mag, Shanahan trägt trotz aller beeindruckenden Statistiken und seinem zweifelsohne genialen Offensiv-Köpfchen das Mantra mit sich herum, das „big one“ noch nicht gewonnen zu haben. Im amerikanischen Sport gibt es hier oft eine knallharte Trennlinie zwischen Gewinnern und Verlierern, den ganz Großen und denen, die sich zwar mit am Pool räkeln aber keine Sonnenliege inklusive persönlichen Schirm ihr Eigen nennen dürfen. Man denke nur an die legendären Namen von Marv Levy oder Bud Grant, große Trainer und wohl noch viel größere Männer, die aber ohne Super Bowl für immer mit ihren Niederlagen in Verbindung gebracht werden. Ein Schicksal, dass für Shanahan weit entfernt scheint, ob seiner extrem hochkarätig besetzten Teams an der Bay aber vielleicht bereits als kleiner dunkler Punkt am Horizont zu erkennen ist. Wie er nun damit umgeht, ob er es als Bürde oder als Motivation kanalisieren kann, ist von entscheidender Bedeutung für die 49ers am Sonntagabend.

Was von vielen als unbedeutende Nebenschauplätze abgetan werden mag ist im American Football eine Dimension, die nicht selten zumindest eine Zungenspitze an der Waage sein kann. Football ist ein Spiel, das wie kaum ein anderes von der Kraft der Emotion lebt, eine Sportart, in der wie auch immer kreierte Motivation einer Mannschaft all die Dinge ermöglichen kann, die sie zum Siegen braucht. Gleichermaßen kann sie zum Hemmnis für ein Team werden, dass sich aufgrund anderweitiger Aktivitäten nicht zu einhundert Prozent auf seine Aufgabe konzentriert. Dass die Kansas City Chiefs hierfür wirklich empfänglich sein sollten bleibt bisher reines Wunschdenken ihrer Gegner und all derer, die nicht besonders gut auf eine gewisse Pop-Sängerin zu sprechen sind. Eigentlich schon die gesamte Saison müssen sich die Chiefs mit Nebenschauplätzen herumschlagen, die der Vollständigkeit halber größtenteils selbst initiiert sind, tun dies aber auf eine einer Sportdynastie mehr als nur würdigen weil extrem abgebrühten Weise.

Kansas City Chiefs glänzen mit Abgebrühtheit

Warum sollte es nun im Super Bowl anders sein? Nun, fast alles ist anders im Super Bowl. Spieler begegnen sich in Press Conferences und auf Events, der Medienrummel vervielfacht sich, Worte werden noch weitaus öfter auf die Goldwaage gelegt, Gegner sind meistens auch einfach ein bisschen besser. Da werden die ganzen Stories um Herrn Kelces Privatleben, die Idiotien eines Kadarius Toney oder eben ganz besonders auch der DUI-Fall von Mahomes Senior auf einmal von üblichen Fußnoten zu bestimmenden Narrativen. Gerade letztere Geschichte, so sie doch durchaus legale Konsequenzen für Patrick Mahomes‘ Vater nach sich ziehen könnte, dürfte den Mega-Quarterback in diesen Tagen doch sicherlich das ein oder andere Mal beunruhigen. Auch hier zählt aber natürlich, all das hinter sich zu lassen und sich auf das Sportliche zu konzentrieren, was wohl in wenigen Wochen so schwierig ist wie in der vor dem Super Bowl.

Letztendlich entscheiden natürlich vor allem ganz handfeste Football-Feinheiten: Wie kontert San Francisco das kurze Passing Game der Chiefs? Können die 49ers auf dem Boden dominieren oder läuft auch das Chiefs-Run-Game wieder zu ungeahnter Form auf? Ist Brock Purdy bereit für den Moment? Kann irgendjemand Travis Kelce stoppen? Was für Calls macht Shanahan, wenn es eng wird? Fragen über Fragen die garniert mit einer kleinen Portion Sorgenfalten für Hochspannung am kommenden Sonntag sorgen werden. Dann, wenn beide Teams das süße Dessert nicht nur vor sich haben wollen, sondern es auch genüsslich in Form eines Super Bowl Sieges verspreisen wollen.

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Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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