Erhält Zuwachs: Die Big Ten erweitert seinen Einflussbereich bis an die Westküste. Credits: Imago Images / ZUMA Wire / John Mersits

Die Pac-12 Conference an der Westküste verliert zwei ihrer wichtigsten Footballprogramme an die Big Ten und diese Nachricht, die einem Erdbeben gleichkommt, wird noch viele Nachbeben zur Folge haben. Die Seismographen schlugen an diesem für den College Football schicksalshaften 30. Juni 2022 im ganzen Land heftig aus, als die Nachricht über den Äther kam, dass, im Zuge der vor einem Jahr angefachten Realignments, die USC Trojans und die UCLA Bruins zur Saison 2024 in die Big Ten wechseln werden.

Panik macht sich breit, denn nichts anderes als der Ursprung des FBS College Footballs mit seinen auf Regionalität und Vergangenheit beruhenden Conferences, ist in Gefahr. Mit der Aufnahme von zwei elitären Universitäten von der Westküste in die Nord/Nordost geprägte B1G ist nicht nur die Zukunft der Pac-12 und der verbliebenen Schulen ungewiss. Alle in der College Footballwelt fragen sich, welche Nachbeben dieser überraschende Wechsel zur Folge haben wird, nachdem im letzten Jahr die Aufnahme der Texas Longhorns und der Oklahoma Sooners in die SEC bereits für einen Paukenschlag sorgte. 

Weit vernetzte Autoren und Insider der Sportwebsite The Athletic haben sich vor wenigen Tagen den wichtigsten Fragen dazu gewidmet und geben Antworten, mithilfe von Offiziellen der befragten Footballprogramme. 

Was hören wir aus der Pac-12?

Wenig überraschend zeigen sich die Quellen aus der Pac-12. Da scheinen viele vor allem mit dem Wechsel der USC Trojans gerechnet zu haben. Von Kalkül zu diesem Zeitpunkt ist mitunter die Rede. “Ich denke, dass wird Oregons Recruiting erschweren, und USC weiß das.”, wird ein Pac-12 Coach zitiert. 

Vor allem die Ducks müssen jetzt sehen, wo sie bleiben. Denn im Gegensatz zu Arizona, Arizona State, Colorado und Utah sind die Ansprüche eines namhaften lokalen Sponsors wesentlich höher, weshalb ein Beitritt in die Big 12 für Oregon eher einer Notlösung gleichkommt. Momentan sieht es aber tatsächlich danach aus. 

Bleibt die Pac-12 überhaupt bestehen?

Ungewisse Zeiten kommen auf die Entscheidungsträger an der Pazifikküste zu. Bisher hob man, im Gegensatz zum Süden, die akademischen Standards in Bildung und Prestige besonders hoch, weshalb man im letzten Jahr einigen interessierten Schulen aus der Big 12 eine Absage erteilte. Jetzt droht sogar der Ausverkauf in die andere Richtung, weshalb sich die Pac-12 fragen muss, ob sie für den Erhalt der eigenen Conference von ihren ehrenhaften Tugenden Abstand nehmen möchte. 

Programme, wie California und Stanford werden mit ihrer Stimme dem alten Weg die Treue halten, haben sie als Eliteuniversitäten doch weitaus mehr zu verlieren als ein Footballprogramm in den Power-5 Conferences. Für Arizona und Co. wird damit der “PACXIT” immer wahrscheinlicher. Oregon und Washington werden allein den Laden nicht zusammenhalten können und ihre kleinen Schwestern von der Oregon State und Washington State schielen ohnehin eher in Richtung Mountain West Conference, die in den letzten Jahren immer mehr an Prestige hinzugewinnen konnte. 

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Für deren Top-Schulen, wieSan Diego State wäre das Bestreben nach einer Aufwertung der eigenen Conference damit wesentlich lukrativer, als der zweifelhafte Versuch, die Pac-12 zu retten. Es sieht also düster aus, für die seit 1959 bestehende Pac-12. 

Hat die Big Ten ihre Shopping-Tour schon beendet?

Zumal die B1G ihre Shopping-Tour noch nicht beendet zu haben scheint. Laut Nicole Auerbach von The Athletic verhalten sich die Offiziellen momentan ruhig und wollen nichts forcieren. Ein neuer TV-Vertrag wird ausgehandelt und die Hinzufügung von USC und UCLA und dem damit verbundenen zweitgrößten urbanen Markt in den Vereinigten Staaten, gibt der Big Ten einen komfortablen Verhandlungsbonus.

Doch werden sie nicht untätig zuschauen und genau hinhören, was Oregon und Washington zu sagen haben. Das dürfte zwar den Trojans nach ihrem fortunen Move nicht schmecken, aber noch sind sie nicht einmal stimmberechtigt im Kreis der ehrwürdigen Powerhouses aus dem Norden. Spätestens wenn Notre Dame seinen Hut in den Ring wirft, kann es sogar spontan nochmal zu größeren Erdrutschen kommen. 

Was bedeutet das für die Group-of-Five?

Die Group-of-Five Schulen können erneut Nutznießer des entstandenen Dominoeffekts werden. Ähnlich wie bereits im Vorjahr Cincinnati, BYU, Houston und Central Florida den Sprung in die Big 12 nach jahrelangem Bittstellen perfekt machten, werden nun weitere Colleges ihre Chance wittern und versuchen, einem zahlungskräftigeren Markt und der damit verbundenen Conference beizutreten. 

Diesmal liegt der Hebel bei San Diego State und Boise State. Boise besitzt bereits einen eigenen TV-Vertrag mit FOX und für die Aztecs öffnet sich gerade der Markt in Richtung Los Angeles. Beide können ihre Optionen nun abwägen und sind für das Bestehen der Pac-12 das Zünglein an der Waage. Sie können die eigene Conference aufwerten oder der Pac-12 beitreten. Erst dann entscheidet sich die Zukunft für Washington State und Oregon State. Eine einmalige Gelegenheit auf die vor allem SDSU nur gewartet zu haben schien, nachdem man im letzten der American Athletic Conference eine Absage erteilte. 

Was macht Notre Dame?

Eine noch bessere Ausgangslage für die bevorstehenden Verhandlungen haben die Notre Dame Fighting Irish. Als Teilmitglied der ACC in anderen Sportarten gibt es eine historische Verbundenheit zur Conference an der Atlantikküste. Doch haben bereits die Wechsel von USC und UCLA gezeigt, dass sich niemand etwas dafür kaufen kann. 

Notre Dame kann jetzt eine Entscheidung treffen und wird sicherlich von allen großen Conferences umgarnt. Doch viel besser können sie abwarten, was in den nächsten Zügen der Big Ten, SEC und ACC passiert. Sollten Clemson, Miami und/oder Florida State die ACC verlassen und sich einer Super-Conference im Süden anschließen, wäre die ACC vor eine ähnliche Situation, wie die Big12 oder gar die Pac-12 gestellt. Für ND wäre der Gang an die Ostküste damit wenig verheißungsvoll. 

Momentan hängt daher die Entscheidung der Irish von Faktoren ab, die sie nicht beeinflussen können, aber beruhigt beobachten können. Wenn in der ACC die Würfel gefallen sind, wird es immer noch großes Interesse aller Conferences zu einem Beitritt von Notre Dame geben. 

Panik in der ACC?

Eine Zusage forcieren, sollten hingegen die Offiziellen der Atlantic Coast Conference. Es besteht nachweislich enger Kontakt zu Notre Dames Athletic Director Jack Swarbrick. Bevor man in Miami oder bei Clemson andere Wege einschlägt, könnten diese von einem Verbleib überzeugt werden, wenn ND der ACC beitritt.

Vielleicht weiß man aber bereits, dass die Irish sich nicht drängen lassen. Denn laut Andy Staples und Matt Fortuna von The Athletic will man alles erstmal so belassen und “Business as usual” betreiben.

Stattdessen zeigt sich Commissioner Jim Phillips sehr selbstbewusst und engagiert sich bei allen bisherigen Schulen um einen Verbleib, da dies nach seiner Ansicht auch die Eintrittskarte für Notre Dame beinhalten könnte. Vermeintlich Rückenwind gibt ihm dabei ein bestehender TV-Vertrag bis 2036. 

Wenn er sich da mal nicht täuscht. Denn selbst Rutgers verdient in der B1G demnächst mehr als doppelt so viel aus seiner Vermarktung als Clemson und Miami. Daher wird der bestehende Vertrag sie nicht davon abhalten, einer lukrativeren Conference beizutreten, da sie entstehende Kosten sofort wieder einspielen dürften. Und Gerüchten zufolge haben einige ACC-Teams bereits Gespräche mit der SEC aufgenommen.

College Football weiter im Umbruch

Für den College Football stehen weitere Veränderungen bevor. Nicht auszuschließen ist mittlerweile die Bildung zweier Super Conferences, aufgeteilt in Süd/Südost und den Rest des Landes. Platz für alle 64 Power 5 Teams wird es in einer solchen Welt nicht geben. 

Jedes College sucht deshalb nach einem Platz an der Sonne. Während Oklahoma, Texas, UCLA und USC diesen bereits gefunden haben, werden weitere Universitäten ins Licht treten. Andere wiederum haben sich längst damit abgefunden, dass ihre nostalgische Sicht im College Football des großen Geldes keinen Platz mehr einnimmt und ziehen sich auf ihre Inseln der akademischen Ausrichtung zurück.

Über den/die Autor/in
Philipp Forstner
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Philipp Forstner
Autor / Redakteur
Philipp schreibt bei TOUCHDOWN24 u.a. über den College Football

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