NFL-Superstar Lamar Jackson ist einer von vier Quarterbacks, die ihre Team in den Super Bowl führen wollen. Credit: Imago Images / Newscom / Jerry Jackson

Die Baltimore Ravens empfangen die Kansas City Chiefs und die Detroit Lions sind zu Gast bei den San Francisco 49ers – so lauten die Paarungen der anstehenden NFL Conference Championships. Mit im Gepäck sind dabei Ultra-Quarterbacks, bis an die Zähne bewaffnete Defensivreihen, ein deutscher Superstar, Historie, Dramatik und noch eine ganze Menge mehr!

Ein Spiel, ein einziges verdammtes Spiel. Mehr muss man nicht gewinnen, dann hat man den Traum unzähliger Jahre wahr werden lassen und steht im Super Bowl. Es klingt vermeintlich so simpel für die Kansas Chiefs, die Baltimore Ravens, die San Francisco 49ers und die Detroit Lions, dabei wissen sie natürlich, dass es alles andere als das ist. Mit den Conference Championship Games am kommenden Sonntag erwartet die letzten vier noch stehenden NFL-Teams eine gigantische Herausforderung, die weit über den jeweiligen Gegner auf der anderen Seite des Feldes hinausgeht. Eine Challenge, die alle anderen 28 Mannschaften natürlich mit Kusshand annehmen würden.

Für einen Moment möchte man nochmal an ihr Schicksal erinnern, das in den letzten Wochen auf mehr als nur brutale Art und Weise zuschlagen kann. Wenn aus Hoffnungen einfach nur „next year“ wird. Aus mittendrin in einem Spiel einfach so die Zuschauerrolle. Kein gutes Gefühl mehr am Sonntagmorgen, keine Vorfreude mehr an jedem Tag in der Woche. Die Buffalo Bills und ihre Fans, oh ihre Fans, sie wissen, was gemeint ist und was alles „wide right“ danebengehen kann. Auch sie hätten es verdient, noch dabei zu sein, aber so ist der Sport, so hart und unbarmherzig. Aber Kopf hoch, denn so Gott will wird es „nächstes Jahr“ geben. Und irgendwann wird es euer Jahr sein.

Darauf dürfen jetzt aber nur noch die vier noch aktiven NFL-Teams hoffen, die ihren Playoff-Run über Sonntag hinaus fortsetzen möchten. Was sie dafür tun müssen, was dabei eventuell erschwerend hinzu kommt und was sonst noch interessant sein könnte gibt es hier in unserem NFL Championship Roundup!

AFC Championship Game
Baltimore Ravens vs. Kansas City Chiefs

Sonntag, 21:00 Uhr deutsche Zeit

Nach dem abermals fulminanten Playoff-Spiel der Chiefs gegen ihre alten Rivalen aus Buffalo fällt es schwer, neue Superlative zu finden oder darauf hinzuarbeiten, aber mit den Baltimore Ravens steht dem NFL-Titelverteidiger schon eine Woche nach ihrer Roadshow in Upstate New York ein vielleicht nochmal viel schwierigeres Matchup ins Haus. Baltimore hat das Heimrecht, das Wissen um die beste reguläre Saison der National Football League und mit John Harbaugh einen Coach im Gepäck, der genau weiß, was es für eine Lombardi Trophy so alles braucht. Gleiches gilt natürlich auch für seinen Gegenüber Andy Reid, der mit seinen Chiefs einen nahezu beispiellosen Run fortsetzt.

Seit geschlagenen sechs Jahren stehen die Häuptlinge nun jedes Jahr im AFC Championship Game, woraus auch am Sonntag ein geradezu unumstößliches Selbstvertrauen erwachsen dürfte. Ein Sack gegen Patrick Mahomes? Okay. Ein Drop eines Receivers? Kopf hoch, we got this. Die Psyche könnte ein enormer Pluspunkt für die Gäste aus Kansas City sein, auch wenn die Baltimore Ravens und vor allem ihr Superstar-Quarterback Lamar Jackson mit dem Sieg über Houston in der Divisional Round das zuletzt ärgerliche Playoff-Gespenst mit Nachdruck verscheuchen konnten.

Quarterback-Duell Lamar Jackson gegen Patrick Mahomes

Auf dem Papier spricht ebenso viel für die Ravens. Ihr dominanter Pass Rush ist genau das Mittel, was man gegen einen All-World-Quarterback wie Patrick Mahomes ins Feld führen muss, um ihn zumindest mit einem Bein auf dem Boden zu halten. Die Bills am vergangenen Wochenende spielten es mit ihrer dezimierten Defense vorsichtig und konnten damit weder die Kreise von Mahomes noch die des Chiefs-Run-Games nachhaltig einschränken. Baltimores Front Seven ist aber ungleich der von Buffalo topfit und wird angeführt von Roquan Smith ganz sicher mehr Druck auf Mahomes generieren als das am vergangenen Wochenende der Fall war. Ebenso werden sie konsequent die kurzen Routen der Chiefs-Receiver mit ihren Nickel- und Dime-Packages attackieren und auf ihre extreme Vielseitigkeit im Kader bauen.

Defensive Coordinator Mike Macdonald variiert seine Schemes teilweise extrem von Snap zu Snap und wird damit versuchen, Mahomes und Andy Reid immer wieder unterschiedliche Looks zu präsentieren. Wie viele Blitzes die Ravens dabei laufen bleibt abzuwarten, denn Patrick Mahomes ist traditionell stark gegen den extra Druck und kann hierbei mit seiner Improvisation Big Plays generieren. Ebenso wird es den Chiefs mit Jackson gehen, die zwar zu den erfolgreichsten Teams der NFL bei ihren punktuell eingesetzten Blitz Packages gehören, die sich aber natürlich einem Spieler gegenüber sehen, denn man aufgrund seiner Beine tunlichst in der Pocket halten sollte.

Die Run Defense der Ravens in der regulären Saison offenbarte immer mal wieder Löcher (4,5 Yards pro gegnerischem Carry), sah gegen die Texans aber extrem sattelfest aus. Gleiches können die Chiefs bis auf wenige Ausnahmen von ihrem Spiel in Buffalo nicht behaupten. Gegen das Heavy Package der Bills hatten die Chiefs lange keine Antworten und wurden nahezu überrollt von Buffalos Run Game. Mit Lineman-turned-Fullback Patrick Ricard kann auch Baltimore extra Gewicht in die Waagschale werfen, damit ihr ohnehin wuchtiges Laufspiel ergänzen und damit den Chiefs ebenfalls Sorgen bereiten. Dafür gelang es Kansas City in Buffalo aber, die explosiven Pass Plays des Gegners quasi komplett aus dem Spiel zu nehmen. Letztendlich schafften die Bills es eben nicht, über vier Quarter lange Drives mit zehn und mehr Plays immer in die Endzone zu führen. Ein gutes Rezept in einem Auswärtsspiel, wobei Lamar Jackson in Sachen Explosivität Josh Allen vielleicht noch einmal einen Tick voraus ist. Eventuell hilft ihm in dieser Woche auch wieder sein Star-Tight-End Mark Andrews, sein Einsatz ist im Moment aber noch fraglich.

NFC Championship Game
San Francisco 49ers vs. Detroit Lions

Montag, 0:30 Uhr deutsche Zeit

Während es der Top Seed in der AFC relativ geruhsam in der Divisional Round angehen lassen konnte wurden die San Francisco 49ers in ihrem Matchup gegen die Green Bay Packers bereits auf das Äußerste gefordert. Mit ihrem Comeback-Sieg bewiesen sie die nötige mentale Toughness, die es gerade in der NFL Postseason braucht, und sie sind nun auf jeden Fall auf Betriebstemperatur für ihr Aufeinandertreffen mit den jovialen Detroit Lions. Diese genießen ihre historische Saison in vollen Zügen und bauen mit jeder Woche mehr Selbstvertrauen auf. Dieses werden sie auswärts auch brauchen, treten sie doch in den Playoffs das erste Mal außerhalb des heimischen Ford Fields an.

Dass die Lions viele Attribute haben, die gerade einer Auswärtsmannschaft gut zu Gesicht stehen, ist unbestritten. Ihr Angriff, basierend auf einer der besten Offensive Lines der gesamten NFL, kann lange Drives zusammenbasteln und mit dem eigenen starken Laufspiel die Uhr kontrollieren. Jared Goff hat bisher in den NFL Playoffs voll abgeliefert, leistete sich in den ersten Runden keine Interception und kontrollierte mit viel Sicherheit die Partien gegen Tampa Bay sowie Los Angeles. Großer Minuspunkt für die Lions: Left Guard Jonah Jackson wird das NFC Championship mit einer Meniskusverletzung verpassen, auch Special-Teams-Ass Kalif Raymond ist angeschlagen und fraglich für den Sonntag.

49ers sorgen sich um Star-Receiver Deebo Samuel

Verletzungssorgen plagen auch die San Francisco 49ers, wobei diese nicht mehr ganz so groß sind wie noch vor ein paar Tagen. Da befürchteten viele nämlich schon, dass die Saison für Star-Receiver Deebo Samuel aufgrund einer Schulterverletzung gelaufen wäre, die ersten Nachrichten aus der medizinischen Abteilung machen aber zumindest Hoffnung für Sonntag. Wichtig wäre es für San Francisco, denn obwohl sie über etliche namhafte Playmaker in der Offense verfügen und das System von Kyle Shanahan als anpassungsfähig gilt scheint Samuel der Spieler zu sein, der den Niners-Angriff auf ein besonderes Level hebt. Mit ihm auf dem Feld generiert San Francisco in dieser NFL Saison 7,1 Yards pro Play, ohne ihn sind es nur noch 5,7 Yards. Kein Wunder, gilt Samuel doch als einer der vielseitigsten Angreifer der gesamten Liga

Sollte er ausfallen oder eingeschränkt sein werden die 49ers wohl wieder vermehrt auf Star-Runningback Christian McCaffery bauen, der dieser Aufgabe ohne Zweifel gewachsen ist. Mit den Lions trifft er allerdings auf eine der besten Laufverteidigungen der Liga, die ohne das Element Samuel ihren Fokus wohl noch deutlicher auf „CMC“ legen wird. Quarterback Brock Purdy, der gegen Green Bay lange Zeit wackelig spielte, wird in der Luft sicherlich Räume gegen eine nicht immer sattelfeste Detroiter Passverteidigung finden. Gleiches gilt durchaus aber auch für den Angriff der Lions. Gegen San Franciscos traditionell starke Run Defense könnte es Probleme geben, erst recht nachdem diese sich nach einer schwachen Partie gegen die Packers neu fokussiert, dafür stellt die Pass Verteidigung San Franciscos vielleicht ein gutes Matchup für Detroit dar. Die Niners nehmen gerne tiefe Räume weg und halten den Ball vor sich, genau hier haben die Lions ihre Stärken mit allerlei potenten Underneath-Receivern. Allen voran agiert hier natürlich der Deutsche Amon-Ra St. Brown, der bisher eine überragende erste Postseason abliefert (15 Catches, 187 Yards, ein Touchdown).

Auf dem Papier ist sicherlich San Francisco das bessere und vor allem komplettere Team, aber die Lions müssen sich längst vor niemandem mehr in dieser NFL Saison verstecken. Die diesjährige Version der lange im Keller feststeckenden Löwen ist ein echtes Schwergewicht und dürfte als solches auch am Sonntag auftreten. Die Euphorie kennt derzeit kaum Grenzen, dazu traut sich Head Coach Dan Campbell auch immer mal wieder in die Trickkiste zu greifen. Die 49ers müssen also auf alles vorbereitet sein, wenn sie ihr erklärtes Saisonziel vom Super Bowl am Leben erhalten wollen. Und nicht ebenfalls an „next year“ denken wollen.

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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