Nick Foles hat seine Karriere beendet. Mit einem Spielzug hat er sich in den Geschichtsbüchern der National Football League verewigt: Mit dem "Philly Special" in Super Bowl LII für die Philadelphia Eagles gegen die New England Patriots. Zum Ende seiner Laufbahn haben wir ihm zu Ehren den historischen Spielzug analysiert.
Es war wahrscheinlich der Moment, der am meisten von Super Bowl LII in Erinnerung bleiben wird. Der "Philly Special“, als die Philadelphia Eagles mit 38 Sekunden auf der Uhr kurz vor der Halbzeitpause einen Trickspielzug gegen die New England Patriots auspackten. Für viele Experten eine mutige Entscheidung von Eagles-Head-Coach Doug Pedersen – mannschaftsintern wurde hingegen kaum Aufsehen darum gemacht, jeder war sicher, dass dieser Spielzug funktionieren wird. In der Hauptrolle: Quarterback Nick Foles. Am Ende gewann Philadelphia bekanntlich seinen ersten Super Bowl mit 41:33. TOUCHDOWN24 ist dem Spielzug auf den Grund gegangen und hat analysiert, warum er funktioniert hat.
Die Ausgangslage
Die Eagles stehen 38 Sekunden vor der Halbzeitpause beim Stand von 15:12 zwei Yards vor der Endzone der Patriots. Anstatt das sichere Fieldgoal mitzunehmen, spielt Philadelphia den vierten Versuch aus.
5 Sekunden vor dem Snap
Eagles-Quarterback Nick Foles beordert Runningback Corey Clement von der Shotgun- in die Pistol-Formation. Mit dieser Aktion nimmt der Philly Special seinen Anfang. Foles suggeriert der Defense der New England Patriots, dass er den geplanten Spielzug damit ändern wird, weil ihm offensichtlich etwas an der Aufstellung der Defense nicht gefällt.
3 Sekunden vor dem Snap
Foles rückt nach vorne in Richtung seiner Offensive Line, genauer zu seinem Right Tackle Lane Johnson, um ihn offensichtlich ebenfalls auf etwas aufmerksam zu machen. In diesen Sekunden wird aus der Pistol-Formation eine Wildcat-Formation, die aber nicht offensichtlich scheint, da man davon ausgeht, dass Foles seine vorherige Position wieder einnehmen wird.
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Der Spielzug beginnt
Center Jason Kelce eröffnet den Spielzug mit dem Snap zu Runningback Clement, die Wildcat ist perfekt. Clement täuscht mit dem Ball in der Hand einen Laufspielzug nach links an. Perfekt inszeniert, da die komplette Offensive Line der Eagles ebenfalls nach links schiebt. Patriots-Verteidiger Duron Harmon auf der Sam-Position versucht durch das Gap zu stoßen, wird aber geblockt. Patrick Chung und Devin McCourty, die sowieso keine Chance haben, den Trickspielzug zu verhindern, kommen ebenfalls nicht durch.
Zu diesem Zeitpunkt können theoretisch aber noch drei Verteidiger eingreifen, um den Erfolg des Spielzug zu verhindern: 1. Cornerback Stephon Gilmore, der den Spielzug genau dort beginnt, wo Foles später den Pass empfangen wird. 2. Defensive End Eric Lee auf der Will-Position, der beim Snap am nächsten an Foles dransteht und 3. Linebacker Kyle Van Noy, der auf der Mike-Position den Überblick haben und dort unterstützen sollte, wo es später heiß werden wird.
Gilmore kann keine Schuld gegeben werden, da er Wide Receiver Alshon Jeffery in Manndeckung hat und dessen Laufweg nach innen folgt. Genau das war seine Aufgabe. Jeffery völlig frei in die Endzone laufen zu lassen, um einen anderen Gegenspieler, in dem Fall Foles, zu übernehmen, wäre reinstes Harakiri gewesen. Do your job – genau das hat Gilmore gemacht und ist raus aus der Verantwortung.
Lee hingegen scheint vollkommen konsterniert und ist eine Sekunde nahezu völlig aus dem Spiel. Seine Aufgabe wäre es gewesen, als Pass Rusher Druck auf den Quarterback zu machen. Doch plötzlich hat der Runningback den Ball und bricht auf die gegenüberliegende Seite aus. Lee ist aber vor allem deshalb nicht frei von Schuld, weil er seine Augen immer nur auf den Ball, nie aber auf der Entwicklung des Spielzugs hat.
Van Noy geht den Eagles derweil komplett auf den Leim. Er rückt mit der Laufrichtung von Clement einen Schritt nach innen, ein Schritt, der ihm später zusätzlich fehlen wird.
Eine Sekunde nach dem Snap
Clement übergibt den Ball an Tight End Trey Burton, der sich sofort nach dem Snap nach hinten hat fallen lassen und nun den Laufweg von Clement kreuzt. Clement selbst läuft in vollem Tempo weiter, um die Verteidiger einen weiteren Moment im Unklaren zu lassen, ob er noch in Ballbesitz ist.
Foles hatte indes seine Position eine ganze Sekunde nicht verändert und wirkte am Spielzug unbeteiligt. Erst als die Ballübergabe von Clement auf Burton stattfindet, löst sich Foles nach außen.
2 Sekunden nach dem Snap
Burton läuft mit dem Ball in die Mitte und setzt an der 11-Yards-Linie zum Wurf an. In diesem Moment hat sich Foles schon fünf Meter von sämtlichen Verteidigern gelöst. Lee, der am Spiel wieder teilnimmt, versucht zu Burton durchzukommen, wird aber von Philadelphias Tight End Zach Ertz geblockt. Van Noy hat mittlerweile registriert, was ungefähr passiert, trifft aber die vollkommen falsche Entscheidung und versucht ebenfalls zu Burton durchzukommen, anstatt zu versuchen, Foles einzuholen. Der einzige Patriot, dem auffällt, wie offen Foles steht, ist Defensive Tackle Adam Butler. Er bricht seine Aufgabe ab, zum Passgeber durchzubrechen und orientiert sich in Richtung Foles, kollidiert aber mit dem kreuzenden Teamkollegen Van Noy.
Lee, Van Noy und Butler haben in diesem Moment eins gemeinsam: Sie sind aus dem Spiel. Dem geblockten Lee und dem offenen Van Noy fehlen gute fünf Yards auf Burton, Butler hat als Schwergewicht einfach nicht die Athetik, um den Rückstand auf Foles noch wettmachen zu können.
3 Sekunden nach dem Snap
Foles fängt den Ball völlig frei in der Endzone. Lee, Van Noy und Butler sind alle etwa drei Yards von Foles entfernt – TOUCHDOWN für die Philadelphia Eagles.
Der perfekte Spielzug? Wann hätte der Erfolg verhindert werden können?
Wenn, dann bereits vor dem Snap. Dass Clement in die Pistol-Formation rückt, hätte hinterfragt werden können. Plausibel wäre damit ein Trap-Laufspielzug durch die Mitte gewesen. Aber wäre Runningback-Kollege LeGarette Blount dafür nicht glaubwürdiger gewesen? Ein Vorrücken, wie das von Foles zu seiner Offensive Line, wirkt ebenfalls merkwürdig. Zu keinem Zeitpunkt des Spiels ist das ein zweites Mal vorgekommen. Zudem war es nicht so laut im Stadion, dass das Vorrücken Foles notwendig gewesen wäre, um seinen Mitspielern etwas mitzuteilen. Auch die Defense hat keine so ungewöhnliche Formation eingenommen, welche ein Audible von Foles gerechtfertigt hätte. Hier hätten die Patriots die Wildcard-Formation wahrnehmen können.
Richtig ist aber auch, selbst wenn ein Verteidiger Lunte gerochen hätte, was hätte er außerhalb seines eigentlichen Jobs tun sollen? In diesem Moment zu antizipieren, dass Foles der entscheidende Spieler werden würde, erscheint nahezu unmenschlich. Am ehesten hätte Van Noy mit einer Kette an richtigen Entscheidungen eingreifen können. Die Wildcat frühzeitig erkennen und misstrauisch werden, nicht dem Instinkt und Clement in die Mitte folgen, sich zu dem eine Sekunde untätigen Foles anstatt zu Passgeber Burton orientieren und dann in der Passverteidigung die Oberhand gegen Foles behalten. Hätte Van Noy diese Fähigkeiten, wäre er vermutlich der bestbezahlte Linebacker der Liga.
New Englands Head Coach Bill Belichick wäre es unter Umständen noch möglich gewesen, in der Sekunde vor dem Snap die letzte Auszeit zu nehmen. Auf der anderen Seite hätte dieses Timeout aus taktischer Sicht nach einem möglichen Turnover on Downs noch extrem wichtig sein können. Hätte es den Patriots doch zumindest noch einen Fieldgoal-Versuch zum dann 15:15 erlauben können, wenn Tom Brady seine Offense weniger in 38 Sekunden über ungefähr 60 Yards nach vorne geführt hätte. Aber auch Belichick hatte nur eine kurze Zeitspanne, um zu erkennen, dass Gefahr in Verzug ist, zu schalten und ein Timeout zu nehmen.
Fazit
Der Philly Special kam einem perfekten Spielzug nahe. Mit dem Überraschungsmoment auf seiner Seite einen solchen Spielzug im vierten Versuch in einem Super Bowl auszuwählen, war der Erfolg des Philly Special so gut wie nicht verhinderbar.