Für Jordan Love beginnt bei den Packers jetzt der Ernst seines NFL-Lebens. Credit: Imago Images / USA TODAY Network / Jay Biggerstaff

Drei lange NFL-Jahre hat es gedauert, jetzt ist Jordan Love der Starting Quarterback der Green Bay Packers. Er tritt nicht nur aus dem gewaltigen Schatten von Aaron Rodgers hervor sondern trägt auch die Bürde einer beispiellosen Quarterback-Historie auf seinen Schultern. Wie wird der Youngster damit klarkommen?

Etliche Fanbases wissen ganz genau, wie schwer es in der NFL ist, einen richtig guten Franchise-Quarterback zu finden. Manchmal scheint schon das bloße Auftun eines lediglich kompetenten Starters wie ein Buch mit sieben Siegeln, eine Aufgabe, an der manchmal zahlreiche aufeinanderfolgende Management-Generationen scheitern. Während sie in New York, Detroit, Chicago oder auch Miami mit Angstschweiß an jene Tage zurückdenken, in denen nichts anderes zählt als "the next big thing", wundert man sich im beschaulichen Green Bay manchmal sicherlich ein wenig über die Nervosität in Bezug auf besagte Aufgabe. Franchise-Quarterback? Kein Ding, denkt man sich bei den Packers. Manchmal scheint es fast schwerer, einen Backup-Safety zu verpflichten. Aber diese sorglosen Zeiten sind zumindest für ein paar Monate erstmal vorbei.

Die Jordan-Love-Ära beginnt in Green Bay

Denn es ist Anschnallen angesagt: Die Jordan-Love-Ära beginnt! Für die Traditionsfranchise heißt das fixe Entwöhnung von der beseelten Ruhe ob der eigenen Quarterback-Position. Fast drei Jahrzehnte genoss man in Wisconsin einen Luxus namens Brett Favre und ein Privileg namens Aaron Rodgers, hatte also zu fast jeder Minute einen legendären Hall-Of-Fame-Passer hinter dem Center stehen. Manch andere Franchise kommt nicht Mal auf eine Hand voll Jahre mit einem Spieler dieser Klasse auf eben jener wichtigsten Position im amerikanischen Profisport. Und es ist ja nicht so, als ob die Packers nicht in ihrer Vergangenheit schon die Dienste eines gewissen Bart Starr haben genießen dürfen, den sogar manche Old Timer sofort vor den vielleicht talentierteren aber wohl auch nicht ganz so erfolgreichen Favre und Rodgers aufstellen würden.

Starr, Favre, Rodgers… man muss über diese Namen nur nachdenken, um ein gewisses Gespür dafür zu kriegen, wie groß der Druck ist, der nun auf Jordan Love lastet. Tradition verpflichtet, Football ist Religion in Green Bay, wer als Messias gepriesen wird, der hat alle Augen auf sich. Gleichermaßen ist der monumentale Schritt für Loves Karriere auch noch etwas anderes – nämlich eine gigantische Chance. Denn so sehr die großen Namen von Gestern selbst die Wände ihrer großen Karrieren hochgezogen haben, sie wussten immer eine hervorragend und solide operierende Franchise hinter sich, um die Mauer mit zu stützen. Egal ob die Packers der goldenen Zeit unter Vince Lombardi, egal ob Favres jahrelange Contender oder die zeitweise bis an die Zähne bewaffneten Teams mit Aaron Rodgers, oft stand ein Gerüst, auf welchem ein Quarterback seine Magie entfalten konnte. Manchmal mussten die Signal Caller das sicherlich mehr tun als in anderen Jahren, letztendlich stand aber immer eine Basis, ein Fundament.

Packers sehen viel Potenzial in Jordan Love

Genau dieses hat nun auch Jordan Love unter seinen Füßen und er kann eigentlich nur gewinnen. Die Fans und sicherlich auch etliche andere in Green Bay waren der ewigen Zankerei unter Aaron Rodgers müde, der vielen mit seiner Persönlichkeit auf die Nerven ging, erst recht, als zuletzt die Siege ausblieben. Die vergangene Saison endete trotz großer Ansprüche in einem Fiasko, das Verpassen der Playoffs trotz "win & in" Szenario setzte Rodgers‘ Packers-Zeit ein unrühmliches und trauriges Ende. Vor diesem Hintergrund aber sind natürlich auch die Erwartungen in diesem Jahr gedämpft. Gleichwohl steht Jordan Love als große Unbekannte schlichtweg für Hoffnung. Für mehr Empathie auf der Position, eine bessere Zusammenarbeit mit den jungen Receivern, die in den vergangenen Jahren Rodgers zeitweise mehr auf TMZ als auf dem Trainingsplatz sahen. Das Ungewisse besitzt ohne Zweifel immer einen Reiz, vor allem wenn es bereits angedeutet hat, dass da etwas sein könnte.

 

Dies war zunächst bei Jordan Love nicht der Fall, als er als kontroverser First Round Pick vor drei Jahren bei den Packers landete. Seine ersten Auftritte schienen nicht besonders beeindruckend, das Grün hinter seinen Ohren ähnelte dem seines Trikots zeitweise auf beunruhigende Weise. Sein erster und bisher einziger NFL-Start 2021 gegen die Kansas City Chiefs lief okay, berauschte aber niemanden nachhaltig. In der Bodenständigkeit dieses Spiels lag aber vielleicht auch schon ein Erfolg in sich, denn Love sah gleichermaßen nicht fehl am Platze aus. Und vergangene Saison zeigte er bei einen späten Einsätzen wie zum Beispiel gegen die Philadelphia Eagles bei Sunday Night Football, dass er durchaus dazugelernt hat. Er schien selbstsicherer und ruhiger, seine Würfe waren präzise, die Athletik stets zu erkennen. Quarterback-Coach Tom Clements‘ extensive Arbeit mit dem Youngster scheint Früchte zu tragen und macht viel Hoffnung auf das, was da kommt.

Zeit mit Aaron Rodgers als Karrieresprungbrett?

Jene wird auf jeden Fall von Loves Teamkollegen geteilt. Die jungen Receiver überschlagen sich förmlich mit Lob für ihren Quarterback, denn er wäre jemand, zu dem man aufgrund seines jungen Alters eine Beziehung aufbauen und mit dem man gemeinsam wachsen kann. Was vorher vielleicht nicht immer der Fall gewesen ist. Alle Love-Begleiter bemerken aber natürlich auch, wieviel Wert es für Jordan hatte, drei Jahre lang einem All-Time-Great wie Aaron Rodgers über die Schultern schauen zu dürfen. Zu sehen, wie er sich vorbereitet, zu ergründen, was man in gewissen Situationen tun muss. Auch zu erfahren, wie man scheitert, wie man in ganz wichtigen Momenten agiert. Die Erfahrungen bei mehreren Playoff-Spielen und etlichen aufreibenden Tagen im Schlepptau von Rodgers gewesen zu sein, kann in der Zukunft viel bedeuten.

Das gilt natürlich nur, wenn Jordan Love auch die richtigen Schlüsse aus allem zieht, was er zuvor gesehen hat. Zuletzt gab es schon etwas Aufregung, weil er mit ein paar Teamkollegen das Memorial Day Weekend auf einer Yacht feierte, was letztlich aber doch eher harmlos schien und nichts von vergangenen Veranstaltungen hatte, welche Fred Smoot und Kollegen einst für die Vikings organisierten. Die Message sollte für Love aber ankommen: Jeder Schritt und sei er noch so unbedeutend ist von nun an unter dem Mikroskop. Jetzt ist seine Zeit und jeder will sehen, was er drauf hat. Er sitzt in einem gemachten Nest und hat auf jeden Fall ein schlagkräftiges Team um sich herum.

Und dazu eine Franchise, die das ein oder andere über erfolgreiche Quarterbacks weiß…

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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