Nun, nachdem die Preseason beendet ist und die Teams ihre Kader für die neue Saison festgelegt haben, werfen wir einen Blick auf die sechs Quarterbacks, die in der ersten Runde gedraftet wurden. Wie ist der erste Eindruck? Wer darf schon in Woche eins ran? Und welches Talent wird noch auf seinen ersten Einsatz warten müssen?
Nachdem wir uns in der letzten Woche die Situationen von Caleb Williams bei den Chicago Bears, Jayden Daniels bei den Washington Commanders und Drake Maye bei den New England Patriots angeschaut haben, konzentrieren wir uns in dieser Woche auf die restlichen drei First-Round-Quarterbacks. Michael Penix Jr. ging im Draft an achter Stelle für viele vollkommen überraschend zu den Atlanta Falcons, J.J. McCarthy wurde an zehnter Position von den Minnesota Vikings gedraftet und Bo Nix ging als Letzter im Bunde an zwölf zu den Denver Broncos. Die Schicksale dieser drei Quarterbacks könnten kurz vor dem Start ihrer Rookie Saison unterschiedlicher nicht sein.
Michael Penix Jr. (Atlanta Falcons)
Als Michael Penix Jr. von den Atlanta Falcons mit einem Top-10-Pick ausgewählt wurde, verstanden das nur die wenigsten Fans und Draft-Experten. Immerhin hatte Atlanta gerade erst Kirk Cousins in der Free Agency für einen Monster-Deal über vier Jahre und 180 Millionen US-Dollar, 100 Millionen davon garantiert, unter Vertrag genommen. Viele erwarteten deshalb, dass die Falcons keinen Quarterback brauchen würden und sich eher für einen weiteren Receiver oder einen Pass Rusher entscheiden würden. Doch das Team entschied sich dagegen und wählte Penix aus.
General Manager Terry Fotenot begründete die Entscheidung damit, dass man einen Quarterback nehmen müsse, wenn man an ihn glaubt und es ein gutes Problem sei, wenn dieser vier oder fünf Jahre auf der Bank säße, weil es auf der Position so gut läuft. Dazu ist Cousins bereits 36 Jahre alt, kommt gerade von einem Achillessehnenriss zurück und bekommt sein gesamtes garantiertes Gehalt in den ersten zwei Jahren seines Vertrages. Somit könnten die Falcons ihn nach zwei Jahren problemlos entlassen oder traden. Dadurch kann Penix erstmal als Versicherung im Falle einer weiteren Verletzung und ab 2026 als langfristiger Nachfolger für Cousins gesehen werden.
Aufgrund dieser besonderen Situation war jedoch sofort klar, dass der 24-jährige Rookie erstmal nicht über die Rolle als Backup hinauskommen wird. Auch in der Preseason kam er lediglich in einem Spiel zum Einsatz, bei dem er eine gute Leistung ablieferte, schnelle Entscheidungen traf und unter anderem einen tiefen Highlight-Wurf auf Chris Blair für 41 Yards aufs Tape brachte.
All eyes were on Michael Penix Jr. as he made his preseason debut 🔥 @AtlantaFalcons pic.twitter.com/oQHImvgLN1
— NFL (@NFL) August 13, 2024
Trotzdem verzichtete Head Coach Raheem Morris darauf, Penix in den restlichen Preseason-Spielen einzusetzen: "Er hat eine riesige Menge an Reps gegen unsere Starting Defense bekommen. Und ich habe ein gutes Gefühl dabei, wie er sich entwickeln wird. Ich könnte ihn noch ein bisschen mehr spielen lassen, wenn ich etwas anderes bräuchte. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass es so ist“, erklärte der 48-Jährige seine Entscheidung. Außerdem gehe es seiner Meinung nach außerdem vor allem darum, eine Verletzung vor dem Start der Regular Season zu vermeiden.
Die Falcons wissen also genau, was sie von Penix erwarten können und scheinen sehr zufrieden mit dem zu sein, was der Rookie ihnen bisher gezeigt hat. Die Zeit hinter Kirk Cousins auf der Bank wird er nutzen, um sich weiterzuentwickeln und um bereit zu sein, wenn seine Zeit kommt, wann auch immer das genau sein wird.
J.J. McCarthy (Minnesota Vikings)
J.J. McCarthy ist mit seinen 21 Jahren der jüngste der sechs First-Round-Quarterbacks und galt vor dem Draft als das Talent, das besonders roh ist und entwickelt werden muss. In der Michigan-Offense, in der vor allem der Lauf bevorzugt wurde, kam er in manchen Spielen, vor allem gegen starke Teams, nur selten zum Zug. Vielmehr wurde der Fokus vor allem darauf gelegt, kein zu großes Risiko mit ihm einzugehen und auf den Lauf zu vertrauen. Dennoch wählten ihn die Minnesota Vikings an zehnter Stelle im Draft aus, da vor allem seine Siegesmentalität und seine Athletik vielversprechend waren. In der für einen Rookie beinahe idealen Situation, unter anderem mit einer guten Offensive Line, einem Top-Playcaller und Quarterbackflüsterer wie Kevin O’Connell als Head Coach sowie Justin Jefferson, dem besten Receiver der Liga, versprach man sich, McCarthy optimal entwickeln und ihn früh starten lassen zu können.
McCarthy startete das Trainingslager als Quarterback zwei hinter Sam Darnold und bekam zwar manche Reps mit der Top-Offense, absolvierte den Großteil jedoch mit den Backups. Dem jungen Quarterback sollte möglichst wenig Druck gemacht werden, Starter zu werden. Deshalb kommunizierte O’Connell sowohl öffentlich als auch hinter den Kulissen, dass der Zeitplan für den 21-Jährigen, Starter zu werden, ein offenes Ende habe.
Während der Trainings ließ er sein Potenzial immer wieder aufblitzen, brachte zahlreiche tiefe Pässe an den Mann und verbesserte sich immer weiter in der Red Zone. Es gab aber logischerweise auch einige Lernmomente und seine Entschlossenheit muss sich noch verbessern. Trotzdem zeigte sich O’Connell positiv gestimmt, was die ersten Eindrücke seines Rookies betrifft: "Was den Depth Chart in diesem Raum angeht, so ist es ziemlich klar und eindeutig. Es ist ziemlich ausgeglichen zwischen Sam und J.J. Beide Jungs haben eine Menge wirklich, wirklich guter Dinge getan […]. Ich denke auch, dass beide Jungs einige Fehler mit dem Football gemacht haben.“ Diese Fehler bezeichnete der Head Coach der Vikings als "Lernfehler“, bei denen seine Quarterbacks beispielsweise testen, in welche Fenster sie werfen können oder sie ein tiefes Eins-gegen-eins verweigern, obwohl das die beste Option gewesen wäre. Ganz normale Vorkommnisse also, die auch Veterans im Training ausprobieren.
Tight End T.J. Hockenson zeigte sich ebenfalls beeindruckt vom Rookie: "Er ist unglaublich. Er arbeitet hart im Filmraum, er arbeitet hart im Klassenzimmer. Auf dem Spielfeld ist er natürlich ein Baller. Aber wenn ein Spieler in die Liga kommt, muss man normalerweise den Mund halten und sich an die Arbeit machen, und genau das hat er getan. Er hat sich den Respekt einer Menge Leute da drin verdient.
Nach den positiven Erkenntnissen der ersten Wochen folgte dann im Anschluss an das erste Preseason-Spiel, in dem er zwei Touchdowns warf, der Schock: Wie einige Tage später festgestellt wurde, hatte sich McCarthy im Spiel den Meniskus gerissen und wird deshalb seine gesamte Rookie-Saison verpassen.
J.J. McCarthy to Trishton Jackson for the 45 yard TD!
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Ein bitterer Schlag für den 21-Jährigen, der ein ganzes Jahr verliert und somit in seiner Entwicklung eingebremst wird. Mittlerweile befindet sich McCarthy in der Reha, nimmt an allen Quarterback-Meetings teil und versucht zumindest mental alles aufzusaugen, was bei den Vikings passiert. Dennoch sollte man in Minnesota die Köpfe nicht hängen lassen. Um es mit den Worten von O‘Connell zu sagen: "So sehr ich mich gefreut habe, ihn zu draften, er hat alles bestätigt, was ich mir erhoffte zu sehen. Unsere Fans und alle anderen sollten sich darüber freuen, dass wir unseren jungen Franchise-Quarterback in unserem Team haben.“ Die Vikings sind sich also sicher, den richtigen Mann gefunden zu haben. Und das ist wichtiger als alles andere.
Bo Nix (Denver Broncos)
Bei Bo Nix waren viele überrascht, dass er bereits an zwölfter Stelle der ersten Runde ausgewählt wurde, da die meisten Experten in ihm eher einen Second-Rounder oder maximal einen späten First-Round-Pick gesehen hatten. Doch die Denver Broncos brauchten unbedingt einen Quarterback und wählten den besten aus, der noch verfügbar war. So fand sich Nix von Tag eins an in einem Wettkampf um den Starting Job in Denver wieder. Mit ihm, Jarrett Stidham und Zach Wilson, der per Trade von den New York Jets gekommen war, rechneten sich gleich drei Quarterbacks Chancen darauf aus, QB1 zu werden. Am Ende setzte sich der Rookie durch, da er den besten Ball bei den Broncos wirft und immer wieder seine Genauigkeit und seine Mobilität unter Beweis stellte, während Stidham meist zu konservativ spielte und Wilson zu inkonstant blieb.
Auch seine Erfahrung aus sechs Jahren und über 60 Starts im College führten dazu, dass der 24-Jährige als "pro-ready“ gesehen wird. Eine Eigenschaft, mit der er auch seine Teamkollegen für sich gewinnt: "Er macht sich großartig“, zeigte sich Tight End Adam Trautman von Nix überzeugt. "Die Leute reden über all die Spiele, die er im College begonnen hat. Ich denke, das bedeutet wirklich etwas. Man sieht es an der Art und Weise, wie er den Huddle kommandiert und wie er in die Pocket geht, wo er seine Lücken finden kann. Das ist eine Sache der Erfahrung.“
In der Preseason stellte Nix dann endgültig unter Beweis, dass er bereit für den Starting Job bei den Broncos ist. In zwei Spielen brachte er über 76 Prozent seiner Pässe an, legte 205 Passing Yards auf und warf zwei Touchdowns sowie einen weiteren, der durch eine Strafe zurückgenommen wurde. Am Ende stand ein Passer Rating von 121,5 zu Buche und auch wenn Preseason-Statistiken keine große Bedeutung haben, zeigte der "Eye-Test“, dass Nix der beste Broncos-Quarterback ist und sehr reif in seinem Spiel wirkt.
Bo Nix continued to shine in his second preseason game 🤩
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Folgerichtig ernannte Head Coach Sean Payton den Rookie nach dem zweiten Preseason-Spiel zum Starter, bezeichnete seine Leistungen als "herausragend“ und hob immer wieder positiv hervor, dass Nix kluge Entscheidungen mit dem Ball treffe. Trotzdem gebe es noch "viel Raum für Verbesserung“ und "eine Menge Dinge, an denen er arbeiten“ müsse.
Wie bereits letzte Woche erwähnt, bedeuten die vielen positiven Eindrücke nicht, dass sich alle sechs Quarterbacks zu Stars entwickeln werden. Auch bei Busts wird vor allem während ihrer ersten Offseason viel Positives berichtet. Wichtig wird es eher sein, die Momente, in denen das Talent aufblitzt, konstant während der Regular Season auf den Rasen zu bekommen. Dennoch bieten solche Aussagen von Coaches und Teamkollegen interessante Einblicke, in welchen Bereichen die Stärken der Rookies liegen und wie sie hinter den Kulissen agieren.